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Gefühle leben
Es war ein mal ein kleiner Junge, der
war sehr wissbegierig. Alles interessierte ihn, zu jedem Ereignis
hatte er viele Fragen und die stellte er den Erwachsenen. Anfangs
bekam er immer Antworten und mit zunehmendem Wissen wurden die
Antworten weniger und er ging selber auf die Suche nach den
Antworten.
Er wurde ein berühmter
Wissenschaftler, der viele Entdeckungen machte und so sehr berühmt
wurde, er forschte weiter, analysierte, zerlegte Probleme in immer
kleinere Teile, fand neue Antworten, die aber nur wieder den
Anfangspunkt neuer Fragen markierten. Er wurde auf große Kongresse
eingeladen und mit seinem scharfen Verstand beeindruckte er viele
Menschen.
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Trotzdem war in ihm auch eine Sehnsucht
nach …, ja nach was denn? Er konnte es nicht benennen, er konnte es
nicht fassen und es war da immer häufiger, ja bald schon permanent.
Er analysierte, dachte nach, grübelte und kam dabei keinen Schritt
weiter.
Eines Tages einen Tag vor einem großen
Kongress machte er einen Spaziergang und setzte sich auf eine
Parkbank. Da spürte er wieder dieses Sehnen. Er wollte gerade
darüber nachdenken, da bemerkte er neben sich auf der Bank einen
kleinen Jungen. „Wie geht es Dir?“ „Gut.“ war seine Antwort.
„Und wie geht es Dir wirklich?“ fragte der Junge weiter. Er
schaute nur ungläubig. „Na wie fühlst Du Dich? Was fühlst Du
gerade?“ „Na … ich … fühle mich … … na wie man sich eben
so fühlt.“ Der Junge schaute ihn an - oder schaute er durch ihn
hindurch? - nach einer ganzen Weile sagte der Junge „Du bist
traurig.“ „Nein!!! Ich bin nicht traurig. … …“ Aber nach
einer ganzen Weile gab er seine innere unbestimmte Sehnsucht zu. „Ist
Du gerne Eintopf?“ „Oh ja, sehr gern sogar.“ antwortete er
rasch und voll schöner Erinnerungen an leckere Eintöpfe von seiner
Oma.
Da erklärte ihm der Junge. Das Leben,
auch Dein Leben, ist wie so ein Eintopf. Es kommen viele Dinge
hinein, neben Gemüse vor allem auch Gewürze und aus allem wird eine
schmackhafte Suppe. Fehlt ein Gewürz schmeckt es ein wenig anders,
fehlen viele Gewürze dann ist der Eintopf einfach fade, lasch oder
geschmacklos. Die Gewürze in Deinem Leben sind Deine Gefühle!
Verzichtest Du auf diese Gefühle: Du nimmst sie nicht wahr,
unterdrückst sie, lenkst Dich ab dann fehlen diese Gewürze in
Deinem Leben. So gibt es angenehme Gewürze wie den Zucker – Lust
oder den Honig – Spaß, aber es gibt auch Gewürze die schmecken
einzeln brrrrrr, Salz – traurig, Angst – Bittermandel, Chili –
Wut, Pfeffer – Ärger, Scham – Knoblauch, Zitrone – setz es
selbst ein und die Kräuter – Schmerz. Welches Gewürz möchtest Du
in Deinem Lebenseintopf weglassen? „Aber ich habe doch gelernt,
dass Gefühle von Angst, Wut und Trauer nebensächlich, störend sind
und Schmerz ist zu tiefst unangenehm?!“ antwortete der
Wissenschaftler verzweifelt. „Wer hat das gesagt? Wer ist für den
Geschmack von Deinem Leben – Eintopf verantwortlich?“ „Aber ich
kann doch nicht kochen.“ „Dann lerne es für Dich!“ mit diesen
Worten verschwand der Junge. Der Wissenschaftler versank in tiefes
Grübeln. Er wollte den Jungen fragen, erst da bemerkte, dass er weg
war. Er wurde traurig und merkte es erst gar nicht. Als er eine Träne
spürte, wischte er sie schnell weg und er schämte sich seiner
Tränen. Wie aus einer anderen Welt hörte er die Stimme des Jungen:
'Du lernst gerade das Kochen!' Er saß noch eine Weile auf der Bank
und ein Gefühl nach dem anderen meldete sich bei ihm. Er fühlte
sich wütend, war ängstlich, er bekam Schmerzen in der Brust.
Was war mit ihm geschehen? Wurde er
etwa verrückt? Nein, er begann gerade zu leben. Er wachte auf aus
einer jahrelangen Erstarrung. Für einen kurzen Moment war die alte
Gewohnheit da, diese ganzen Gefühle wegzudenken. Er stand an einer
Weggabelung und entschied sich für …
Das ist jetzt nebensächlich. Spüre in
Dich hinein, sind bei Dir Gefühle da? Vielleicht ist es sogar Deine
Geschichte, erkennst Dich wieder. Kannst Du die Gefühle zulassen?
Wer jetzt fragt, wo sind denn die Liebe
und die Freude in dieser Aufzählung der Gewürze? Warum gibt es so
viele herbe Gewürze und so wenig liebliche? Die Freude ist das
Ergebnis des Kochens, wenn Du mit allen Gefühlen im Einklang bist –
Du kannst jetzt kochen, dann tritt Freude in Deine Leben, echte
Freude, nicht die kurzfristige über einen Erfolg sondern die innere
Freude, die stabile, langfristige Freude. Und wenn Du selbst eins
wirst, die einzelnen Teile, die 'guten' und 'schlechten'
Eigenschaften akzeptierst und erkennst, dass Du eins bist mit allem
in Dir, dann gesellt sich auch die Liebe dazu. Nicht die
Verliebtheit, am Anfang einer Beziehung, sondern die Liebe, die
bedingungslose Liebe. Und dann bist Du zu Hause. |